Geschichte

Anfang des 20. Jahrhunderts – Stadtbibliothek Stettin

Die Geschichte der Stadtbibliothek reicht ins Jahr 1905 zurück, wenn im umgebauten Gebäude eines Gymnasiums die neu gegründete  Stadtbibliothek Stettin ihren Sitz gefunden hat. Ihre Entwicklung verdankte sie Dr. Erwin Ackerknecht, der sie von 1907 bis 1945 leitete. Sein großes Verdienst besteht darin, dass er  200 000 Bände wertvoller wissenschaftlichen Bestände aus Westpommern zusammenführte. Sie stammten aus Schul- und Kirchenbibliotheken sowie aus Büchersammlungen verschiedener Verbände und wissenschaftlicher Kreise und Spender aus Stettin und Umgebung. Beachtenswert sind hier Sammlungen der Bibliothek der Friedrich-Wilhelm-Schule, des Pommerschen Landesmuseums, Kirchenbibliotheken Stettins, der Bibliothek der Stettiner „Loge zu den drei Zirkeln” und der Gesellschaft für Pommersche Geschichte und Altertumskunde.

Dank Ackerknecht entstanden an der Stadtbibliothek u.a.: die Städtische Musikalienbibliothek (1913), die Zentrale der Volksbüchereien mit dem Bestand von 3 000 Bänden (1919) wie auch die Stettiner Volkshochschule und Volksbücherei. Ab 1919 erschien ein Fachblatt „Bücherei und Bildungspflege“. Ihre Tätigkeit begann die Stettiner Staatliche Büchereischule.

Nachdem 1933 die Nationalsozialisten an die Macht gekommen waren, wurde Ackerknecht in seiner Tätigkeit auf die Leitung der Stadtbücherei eingeschränkt. Er konzentrierte sich auf die Erweiterung des 1918 angelegten Pommerschen Biographischen Archivs und Städtischen Bildarchivs wie auch auf die Organisierung zahlreichen Ausstellungen. In diesem Archiv wurden handschriftliche Dokumente zum Leben herausragender Stettiner und Pommern und zu  ihrer politischen, wissenschaftlichen, gesellschaftlichen oder kulturellen Tätigkeit gesammelt.

Nach dem Ausbruch des 2. Weltkrieges wurden  die wertvollsten Bibliotheksbestände im Stettiner Umland in Sicherheit gebracht. Bei den Fliegerangriffen 1944 wurde das Gebäude der Bücherei schwer beschädigt.

Nachkriegsjahre – Stadtbibliothek in Szczecin

Der 12. Juni 1945 ist der Tag der Wiederaufnahme der Tätigkeit der Stadtbibliothek als die erste polnische Bücherei im zerstörten Stettin. Ihr Direktor wurde Edward Kiezeweter. Man begann damit, die Kriegsschäden zu beseitigen und die zwar geretteten, aber über ganz Westpommern verstreuten Bestände zu ordnen und aufzunehmen. Es handelt hier um einen Teil des Buchbestandes der Bibliothek des Marienstifts-Gymnasiums in Stettin, die größtenteils aus der Bibliothek des Camminer Domkapitels stammen, aus der Bibliothek der Pommerschen Herzöge in Stettin sowie der Bibliothek des Gymnasium Groeningianums in Stargard, die die Bücher aus der Sammlung der Marienkirche in dieser Stadt enthielt.

Die ersten polnischen Bücher erhielt die Bibliothek als Spenden von Siedlern, die hier aus ehemaligen polnischen Ostgebieten angesiedelt wurden. In den Jahren 1946-1951 wurde ein Teil der wissenschaftlichen Bestände als Leihgabe anderen wissenschaftlichen Bibliotheken in Polen übergeben.

1947 wurde die öffentliche Woiwodschaftsbibliothek ins Leben gerufen. Die Bibliotheksleitung übernahm Jan Zarański. Aus der Zusammenlegung der Stadtbibliothek mit der öffentlichen Wojwodschaftsbibliothek entstand 1955 die Woiwodschafts- und Stadtbibliothek. Sie übte die inhaltliche Aufsicht über das Netzwerk von öffentlichen Bibliotheken in der ehemaligen Wojewodschaft Stettin aus.

Von der Öffentlichen Woiwodschafts- und Stadtbibliothek zur Pommerschen Bibliothek

Den wertvollen Beständen und der sich entwickelnden Tätigkeit der Bibliothek in den Bereichen Wissenschaft  und Bildung ist es zu verdanken, dass sie 1965 den Rechtsstatus einer wissenschaftlichen Bibliothek und ab 1969 auch Pflichtexemplare aller in Polen veröffentlichten Drucke erhielt.

In den Jahren 1956-1974 leitete die Bibliothek Dr. Stanisław Badoń. 1966 wurde die Bibliothek anlässlich der Tausendjahrfeier  des polnischen Staates nach Stanisław Staszic, dem bedeutendsten Vertreter der polnischen Aufklärung benannt.

Die Bibliothek entwickelte sich und wurde ausgebaut. 1962 wurde das  Gebäude des ehemaligen Gymnasiums durch einen Übergang mit dem bisherigen Bibliotheksgebäude verbunden. 1999 nahm ein modernes Gebäude mit einer Fläche von 10.000 m2 seinem Betrieb auf. Hauptinitiator dieses Baus war Direktor Stanisław Krzywicki, der die Bibliothek beinahe 30 Jahre (1974-2003) leitete.

Am 3. Oktober 1994 wurde die Öffentliche Woiwodschafts- und Stadtbibliothek in die Pommersche Bibliothek umgewandelt und sie erhielt ein neues Statut.

Laut Beschluss des Stadtrates vom 1. April 1995 wurde die Öffentliche Stadtbibliothek in Stettin ins Leben gerufen, die 51 Bibliothekszweigstellen übernahm. An der Pommerschen Bibliothek blieben 3 Zweigstellen.

21. Jahrhundert – mit der Tradition zur Modernität

Heute ist die Pommersche Bibliothek in Stettin eine Kultureinrichtung der Selbstverwaltung der Woiwodschaft Westpommern. Sie füllt die Funktion der zentralen Bibliothek des ganzen Pommerns und ihr obliegt die inhaltliche Aufsicht über das Netzwerk von über 180 öffentlichen Verwaltungsbibliotheken in der Woiwodschaft.

Mit ihren umfangreichen Beständen: Bücher, Zeitschriften und Sondersammlungen, die gegenwärtig über 1,7 Mio. zählen,  ist die Pommersche Bibliothek eine wichtige Arbeitsgrundlage für Vertreter der Wissenschaft. Sie wird hauptsächlich von Studenten und Jugendlichen benutzt.

Die Leser finden in der Pommerschen Bibliothek wissenschaftliche und populärwissenschaftliche Literatur sowie Belletristik; umfangreiche Bestände zur Vergangenheit und Gegenwart Westpommerns; Handschriften und alte Drucke; graphische Bestände und Kunstwerke (Originalbilder, Graphiken, Reproduktionen); kartographische Sammlung, Dokumente des gesellschaftlichen Alltagslebens und Normen; Schallplatten und CDs, Hörbücher, Braille-Schriften und Bücher mit Großdruck für Sehbehinderte; Datenbanken; bibliographische Informationen zu verschiedenen Wissensgebieten.

2009 wurde die Westpommersche  Digitale Bibliothek POMERANIA, eine digitale Plattform des Westpommerschen Systems der Regionalen und Wissenschaftlichen Information in Betrieb genommen. Sie bietet den Online-Zugriff auf die historischen und gegenwärtigen Bestände, die das nationale Kulturerbe bilden und die Entwicklung der Region dokumentieren.

In der Pommerschen Bibliothek finden zahlreiche kulturelle Ereignisse: Ausstellungen, Autorenlesungen, Vorträge und Konferenzen statt, die für Entwicklung und Förderung der Kultur besonders wichtig sind. Hier werden regionale Schriftsteller und Künstler dem Publikum vorgestellt.

Jedes Jahr veröffentlicht die Bibliothek einige eigene Publikationen: dauernd seit 1959 gibt sie die Vierteljahresschrift Bibliotekarz Zachodniopomorski (Wespommerscher Bibliothekar) heraus, seit 2001 die Reihe Monumenta Pomeranorum, in der die wichtigsten Persönlichkeiten aus der Geschichte Stettins und Pommern dargestellt werden, und seit 2004 die Reihe Bibliotheca Buddhica Polonica, in der die wertvollsten Schriften der Kultur und Philosophie des Fernen Osten präsentiert werden. Seit 1960 erfasst die Bibliographie zu Westpommern,  eine Auswahl des polnischen Schrifttums über Westpommern (seit 1999 als Online-Ausgabe).

Die Pommersche Bibliothek organisiert auch die für die Entwicklung des Bibliothekwesens, der Kultur und Wissenschaft wichtigen Konferenzen. Regelmäßig besichtigen sie die hervorragenden Persönlichkeiten aus der Welt der Kultur, Wissenschaft und Politik. Die Bibliothek wirkt zugunsten der Integration des lokalen Milieus, arbeitet mit Bibliotheken und Kultureinrichtungen in der Region, im In- und Ausland und durch ihre vielfältigen Aktivitäten fördert die Region und die polnische Kultur.

An der Pommerschen Bibliothek wirken der Kreisvorstand des Vereins Polnischer Bibliothekare und die im Jahre 1989 gegründete Gesellschaft der Freunde der Pommerschen Bibliothek. Sie unterstützen die Bibliothek u.a. durch Mitfinanzierung des Ankaufs von Kostbarkeiten und historischen Beständen.